Rolf Schilling
Gesang überm QuellTief ist der Wald. Wo der Wind schläft im Dämmer der Eichen, Verträumen die Nattern den Tag, und es rieselt der Sand Unaufhörlich vom Hügel zum Saum, den die Wasser begleichen, Doch über dem Joch steht ein farbiger Bogen gespannt. Gefilde des Lichts und des Himmels, du hast sie befahren, Verwirf ihre Lockung, besieh dich im Spiegel und stell Dein Haus in den Strom, und er trägt dich, er wird dich bewahren Im Sturm, der die Wipfel zerreißt, und wir ruhen am Quell.
Die Dunklen behüten den Hort: Salamander und Kröte, Das Zepter des Pan schattet samten, wo silbern und kühl Forellen die Wogen durchschneiden, der Eschenhaugk böte Noch immer dem Drachen ein Obdach und Adlern Asyl. Und was wir verloren, kehrt reicher zurück, wir empfangen, Zur Nacht, was der Abend uns nahm, und die Stimmen sind hell, Der Falke bewacht unsern Hag, und die Herrin der Schlangen Beschirmt unsern Gang zum Altar, und wir singen am Quell.
Vergrab dich ins Grün, wenn der Frühtau die Gräser befeuchtet, Bekränz dich mit Schilf, tu dem Hüter die Speer-Stunde kund, Erwähl deine Kämpfer und schärfe den Stahl, bis er leuchtet, So neigt sich zur blutenden Wunde der blutende Mund. Hüllt Nebel die Pfade des Pan, stehn die Birken entblättert, Der Hüter in schuppiger Haut reicht dem Quester im Fell Vergessens Getränk, doch der Stein, der die Harfe zerschmettert, Schläft noch in der Hand, die ihn hob, und wir trinken am Quell.
Wir ziehn, wird die Stunde auch dunkler und drohender, weiter, Wir geben uns ganz in der nächtigen Schweifer Geleit, Das Horn, das dem Treiben ein Ende setzt, findet uns heiter, Wir blühen dem Traum zu, wir wissen nichts mehr von der Zeit. Wir lagern im Schatten, der Herbst bringt die Schnitter zur Reife, Nicht rührt uns ihr Fittich noch schreckt uns der Doggen Gebell, Wir schlummern, vom Südwind gewiegt, wo die Garde der Greife Den Goldhort vor Spähern beschirmt, und wir träumen am Quell.
Hold ist der Herbst uns. Der Speer, der die Gralshüter feite, Berührt unsre Stirnen. Wenn Ritter mit schwarzem Panier Ihr Herzblut ergießen auf Steine, der Sonne geweihte, Empfangen die Widder den mächtigen Zustrom vom Stier. Wer sagt dann, ob Krieger entstehn aus dem Samen des Drachen Und ob sich der Adler des Zeus dem des Odin gesell? Wer wiederkehrt, waltet im Traum, und wer stirbt, wird erwachen, Der Hirt, der die Tore schloß, schweigt, und es raunt noch der Quell.
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